fluss-frau.ch
Birs Logbuch

von Liliane Waldner

Einführung in die Birs

Die Birs entspringt auf 762 m.ü.M. ob Tavannes ihrer felsigen Quelle. Sie mündet nach einem Lauf von 73 Kilometern auf 246 m.ü.M. zwischen Basel und Birsfelden im Rhein. Charakteristisch für die Birs sind die Schluchten und Karstlandschaften, die sie durchquert. Selber habe ich von unten nach oben gegen die Fliessrichtung die felsigen Verengungen bei Angenstein, dem Chessiloch, Vorbourg, Choindez, Moutier und Court durchschritten. Die Birs entspringt im Berner Jura, fliesst durch den Kanton Jura, streift Solothurn und fliesst durch Basel-Landschaft und Basel-Stadt.

Mehr dazu auf:
http://de.wikipedia.org/wiki/Birs

17. Februar 2014: Basel / Birsfelden - Laufen

Mit dem Tram Nr. 3 fahre ich vom Aeschenplatz bis zur ersten Haltestelle in Birsfelden, die nach der Birsbrücke kommt. Die Birs trennt Basel von Birsfelden. Bei dieser Haltstelle liegt das Theater, in dem die durch einen Hirnschlag behinderte Primaballerina und Choreografin Silvia Wolff mit anderen behinderten Künstlerinnen und Künstlern auftrat. Silvia Wolff leitete mit der Therapeutin Anne Zwahlen am ZAR zwei Kurs-Serien für Rehab-Dance, an denen ich teilnahm. Einige aus unserer Gruppe besuchten deshalb eine Vorstellung von Silvia in Birsfelden. Ich laufe zurück über die Brücke und auf Basler Seite zur Birsmündung an den Rhein. Dort ist mein Startplatz. Nach dem Fotohalt marschiere ich auf Basler Seite ab. Nach der ersten Brücke kann ich bis nach St. Jakob auf einem breiten Grasstreifen gehen. Ich komme mit einem Engländer ins Gespräch, der auf seinem Morgenspaziergang bis auf die Höhe von St. Jakob mitläuft.

Er ist mit einer Neuseeländerin verheiratet, die bei Novartis arbeitet. Er ist Hausmann und betreut die Kinder. Wir reden über die Einwanderungsstopp-Abstimmung. Er erklärt, dass überall auf der Welt die Gebiete mit hoher Zuwanderung auch die ökonomisch dynamischen Gebiete sind. Wir kommen auf England und den Populisten Nigel Farage zu sprechen. Vom Engländer erfahre ich, dass es eine hohe Zuwanderung von Fachkräften aus Polen und der Slowakei gäbe. Diese würden zur Hälfte des Preises von englischen Unternehmern Häuser bauen. Darauf hin erläutere ich ihm, wie die Schweiz sich mit flankierenden Massnahmen gegen solches Preis-Dumping stellt und dass die Arbeitgeber, Gewerkschaften und Behörden bei der überwachung zusammenarbeiten würden. Der englische Hausmann meint dazu, dass die Briten auf den freien Wettbewerb setzen würden. Für ihn ist klar, dass UK zu 80% von Europa abhängig ist und sich trotz aufkommender populistischen Strömungen einen Austritt aus der EU nicht leisten könne.

Ich bleibe auf der Basler Seite, bis der Weg bei der Holzbrücke auf die östliche Seite wechselt. Dahinter fällt die Birs schäumend in wellenartigen Kaskaden das Stauwehr hinunter. Die Birs wird an verschiedenen Stellen zur Stromproduktion benutzt. Bald wechselt der Weg wieder auf die Westseite. Auf dem Abschnitt vor der Brücke, hinter der die Reinacher Heide beginnt, liegt am Wegrand ein Mikrowellenofen, ein kleiner Teppich, dahinter eine Plastikbox und wenige Meter daneben noch eine Schachtel. Ich fotografiere den Mikrowellenofen samt Teppich. Vom Standort mit dem Abfall liegt ragt in Blickrichtung flussaufwärts am gegenüberliegenden Ufer ein Kamin hinauf. In der Reinacher Heide melde ich die Entdeckung dem dortigen Parkangestellten. Er erklärt sich nicht für den Abfall zuständig, weil er nach seiner Meinung auf Münchensteiner Boden liegt.

Dies ist das Feedback der Gemeinde Münchenstein per Mail am 21. Februar 2014:
„Guten Tag Frau Waldner
Herzlichen Dank für Ihre Mitteilung. Es ist doch immer wieder erschreckend zu sehen was in der schönen Natur alles entsorgt wird.  Gemäss Rücksprache mit dem Leiter Werkhof wurde mir mitgeteilt, dass jeden Montag eine grosse Aufräumtruppe unterwegs ist um den Müll zu entsorgen. Dies geschah auch diesen Montag und somit wurden die Sachen entfernt und ordnungsgemäss entsorg.
Mit freundlichen Grüssen
Bauverwaltung Münchenstein
Barbara Fehr
Sekretariat“

Die Reinacher Heide ist ein wunderbares Kleinod inmitten eines urbanen Gebietes. Weiter flussaufwärts gelange ich zum Bahnhof Aesch. Es ist höchste Zeit, zu rasten.

Danach steigt der Weg zum Schloss Angenstein und danach noch weiter hinauf. Als ich zurückblicke, fällt mir auf, dass das Schloss Angenstein das Tor zum Laufental markiert. Wie hinter einem Torbogen liegt das dicht besiedelte Agglomerationsgebiet von Basel. Ab jetzt ist die Birs von bewaldeten Höhezügen gesäumt, deren kalkig-felsiger Boden aus dem Grün der Bäume schimmert.  Das Laufental hat sich nach der Gründung des Kantons Jura dem Kanton Basel-Land angeschlossen. Es ist vom Kanton Bern geografisch abgeschnitten worden. Als Teil des früheren Gebiets des Fürstbischofs von Basel ist es wieder in sein ursprüngliches politisches Gebiet zurückgekehrt, von dem es im Wiener Kongress 1815 abgetrennt und wie der Jura dem Kanton Bern zugeschlagen worden ist.

Bei Duggingen fällt der Weg wieder zur Birs ab und folgt der Eisenbahnlinie nach Grellingen. Von dort steigt er wieder auf und gelangt in den Wald. Vor mir verengt sich das Tal wieder zum Chessiloch. Dort haben während des Ersten Weltkrieges Soldaten einen Felsen mit Wappen von Kantonen und Orten bemalt. Der Wappenfels gilt als Kulturdenkmal. Die Soldaten mussten damals die Bahnlinie von Basel nach Delsberg bewachen. Sie hätten sie samt Brücken gesprengt, wenn die Deutschen gekommen wären. In diesem Waldabschnitt ist auch ein Karstlehrpfad angelegt, der nach Brisach abzweigt. Im Chessiloch raste ich nochmals.

Zwingen liegt in einer Birsschleife und ich erblicke von Ferne das Schloss. Von Zwingen ist es nicht mehr weit bis Laufen, meinem Tagesziel.

Ich bin kurz vor neun Uhr bei der Mündung abmarschiert und etwas nach halb fünf Uhr abends beim Bahnhof Laufen angekommen.


Links:
http://www.naturschutzdienst-bl.ch/index.php?cat=gebiete&sub=heide
https://burgenseite.ch/schloss-angenstein.html
https://www.baselland.ch/politik-und-behorden/direktionen/bau-und-umweltschutzdirektion/raumplanung/kantonale-denkmalpflege/inventare/ikd/grellingen/chessiloch
http://www.karstlehrpfad.ch

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23. Februar 2014: Laufen - Delémont

Es ist nach dem nächtlichen Regen noch neblig. Ich geniesse die feuchte und frische Luft, die heute frei von Pollen ist. Die Birs hat ein karstiges Tal mit verschiedenen Klusen geschaffen. Das Laufental ist auch ein Industrietal mit Steinbrüchen, einer früheren Papierfabrik, einer früheren Glashütte bei Bärschwil, wo immer noch Quarzsande verarbeitet werden, der Aluminium Laufen und dem bekannten Namen Keramik Laufen. Es befinden sich ferner Entsorgungsfirmen im Tal.

Ich strebe via Bärschwil, Liesberg, Riederwald der Kantons- und Sprachgrenze entgegen. Bei Les Riedes Dessus werde ich bei einer Hundepension frenetisch von einer Meute Hunden empfangen: Bienvenue à la Suisse Romande! Es ist das erste Mal, dass ich bei meinem Flussprojekt auf französischsprachigen Boden gelange. Das Gebell lockt die Hundebetreuer hervor und ich erfahre von den Schicksalen der dortigen Findeltiere. Es werden auch Pensionshunde untergebracht, die in einem grossen Gelände einigen Auslauf haben.

Bei den Bänken einer geschlossenen Sommerwirtschaft raste ich. Vor Soyhières steigt der Weg hinter der Kläranlage auf einer matschig tiefen Rinderweide steil an. Es macht „Quatsch Quatsch“ unter meinen Schuhen und Schuhe wie der untere Teil der Hosenstösse triefen sogleich vor Dreck. Von oben blickt die Ruine des Schosses Soyhières auf mich herab. Das Tal verengt sich wieder zu einer Klus. Bei Bellerive stand früher ein Bad und eine magnesiumreiche Mineralquelle. Sie wurde vom Ingenieur, Geologen, Naturforscher und Offizier Auguste Quiqerez im 19. Jahrhundert entwickelt. Der Sentier Quiqerez führt mich ab da nach Delémont, wo auch eine Strasse nach dem früheren Präfekten benannt ist. Vorher muss ich durch die enge Schlucht, auf der am anderen Ufer auf einem Felsen das Schloss Vorbourg steht. Dies ist das wuchtige obere Tor des Laufentals, das untere habe ich beim Schloss Angenstein passiert.
Der Weg öffnet sich jetzt nach Delémont. Aus der Stadt fliesst die Sorne zu, welche in die Birs mündet. Die Birs macht einen Bogen um die Stadt, während die Sorne durch das Zentrum fliesst. Wenige hundert Meter oben fliesst unterhalb Courroux die Scheulte in die Birs. Delémont liegt folglich am Zusammenfluss dreier Flüsse. Ich bin glücklich, in der Romandie zu sein. Seit Blocher nach der Abstimmung über die Einwanderungsinitiative die Romands beleidigt hat, fühle ich mich ihnen solidarisch. Ich erfahre unterwegs, dass es in Delsberg auch ein Museum über die Geschichte des Juras gibt. An einem Regentag hole ich den Besuch des kleinen, aber feinen jurassischen Museums inmitten der Altstadt Délemonts nach. Heute kehre ich ausnahmsweise in ein Kaffeehaus beim Bahnhof ein und geniesse die Sonne auf der Terrasse vor dem Kaffeehaus.

Die Wanderzeit Laufen - Delsberg ist in Laufen mit 4 Stunden 15 Minuten angegeben, jene von Delémont nach Laufen mit 5 Stunden 10 Minuten. Die letztere Zeitangabe ist eher realistisch. Je länger, je mehr halte ich nur noch wenig von den Zeitangaben an den gelben Schildern. Es würden besser Kilometer angegeben wie in Deutschland.

Links:

http://www.randonature.ch/sentiers-didactiques/jura/sentier-auguste-quiquerez
http://www.mjah.ch/d
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6. März 2014: Délemont - Court

Beim Bahnhof von Délemont entdecke ich einen Stromparkpatz für Kleinwagen der Auto-Teil-Firma tellis.ch, die ausschliesslich ökofahrzeuge, einsetzt. Ich fotografiere die Fahrzeuge am Stromtankstutzen, bevor ich abmarschiere.

Heute erlebe ich eine Schluchtenwanderung, so dass ich sogar nachts im Bett noch die Schluchten Juras sehe. Zuerst geht es durch ein Waldstück nach Courendlin. Der Weg ist auf einem langen Teilstück im Wald durch die Holzarbeiten so tief und matschig, dass er fast nicht mehr oder nur im Unterholz daneben begehbar ist. Ich verliere deswegen sehr viel Zeit, so dass die Marschzeit von 1 Stunde 20 Minuten illusorisch ist. Ab Courendlin beginnt die Schluchtenstrecke. Zuerst kommt ein Steinbruch. Choindez ist vom Werk der Von Roll geprägt. Zwischen Choindez und Roches liegt die Kantonsgrenze. Das Willkommensschild für den Berner Jura ist verunziert, ein Hinweis auf die kürzliche Abstimmung der drei Berner Jurabezirke über den Verbleib bei Bern oder den Wechsel zum Kanton Jura. Moutier hat sich für den Kanton Jura entschieden und sein Willkommensschild besagt, dass es sich als Herz des Juras erachtet und als Gemeinde Europas. Zuvor kommt noch die eindrückliche Gorges de Moutier. Es gibt von Courendlin nach Moutier alternative Routen über den Raimeux oder den Montagne de Moutier, die zu dieser Jahreszeit noch verschneit sind und deren Wege vereist sein könnten.

Beim Bahnhof Moutier raste ich das zweite Mal. Die erste Rast hatte ich beim Vorplatz des geschlossenen Restaurants Charbonniere in Choindez. Eine Frau, die mütterlicherseits von einer Bündnerin abstammt und väterlicherseits von einem Gabuner sucht mit mir das Gespräch. Sie begleitet mich danach ein Stück weit durch Moutier. Moutier wird mit den Jura-Heiligen Randoald und Germanicus in Verbindung gebracht. Danach geht es durch die zweite grosse Schlucht, die Gorges de Court. Ich geniesse diese Schlucht mit ihrem schönen Weg. Am Wegrand blühen bereits die Teeblümchen, auch als Huflattich bekannt. Diese Schlucht zieht sich fast zwei Stunden lang. Wie in der Moutier-Schlucht liegt auch in dieser ein kleines Wasserkraftwerk. Als sich die Schlucht öffnet, bin ich an meinem heutigen Etappenziel Court angelangt.

Links:
http://www.tellis.ch
http://www.moutier.ch
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10. März 2014: Court - Source de La Birse ob Tavannes

Der Jura empfängt mich bei stahlblauem Himmel und strahlendem Sonnenschein. Reif liegt noch auf den Wiesen, als ich bei Court abmarschiere. Über Geschmack soll man nicht streiten. In Sorvilier fotografiere ich ein putziges Zwergenhaus, neben dem noch ein kleines Wasserrad steht. Beim Bahnhof von Malleray kann ich auf das frisch geputzte WC. Danach steigt der Weg leicht nach Pontenet an, wo ich die weidenden Pferde fotografiere. Pferd und Jura gehören zusammen. über mir zieht sich die Bergkette Moron das Vallée de Tavannes entlang. Nach Loveresse geht es in den Industrieort Reconvilier hinab. Dort steht ein Schmelzwerk der Swissmetall. Das Schild Boillat am Werksgebäude weist darauf hin, dass es einst in jurassischem Besitz gewesen sein muss.

Zwischen Reconvilier und Tavannes gelange ich wieder ans Birsufer. Dort erstreckt sich ein Naturschutz-Ausgleichsgebiet, das wegen der Autobahn A16 erstellt worden ist. Die Sitzbänke laden dort zur Teepause ein. Beim Bahnhof Tavannes zeigt ein Wegschild 15 Minuten bis zur Source de La Birse. Der Weg verläuft parallel zu den Eisenbahnschienen Richtung Berghang. Während die Eisenbahn im Tunnel verschwindet, geht der Weg hinab und unten durch. Ganz am Felshang steht das Gebäude der Wasserquell-Fassung der Birs. Nur durch eine Scheibe kann ich das Becken mit dem frischen Quellwasser sehen. Ein Schild der Société jurassien d’émulation informiert, dass pro Minute etwa 8‘000 bis 10‘000 Liter Wasser bei einer Durchschnittstemperatur von 8 Grad aus der Quelle sprudelt. Die Birs kommt als Industriefluss zur Welt und sie bleibt ein Industriefluss bis zu ihrer Mündung zwischen Basel und Birsfelden. Ihr Quellwasser wird für die Wasserversorgung in Tavannes sowie die 300 Meter flussabwärts liegende Moulin de Tavannes benutzt. Arme Birs! Sie hat keine so schöne „Kinderstube“ wie andere Flüsse.

Danach ist die Story noch nicht zu Ende. Ich spaziere etwas im Industrieort Tavannes herum. Hier wird offenbar nur gearbeitet oder geschlafen. Vor dem Gebäude der Uhrenfabrik Roventa entdecke ich den Gedenkstein für den Uhrenindustriellen Henri Sandoz. Sandoz ist auch eine Uhrenmarke. Die Fabrik von Henri Sandoz beschäftigte Ende des 19. Jahrhunderts zeitweise 1‘000 Menschen. Er war für Tavannes eine bedeutende Persönlichkeit. Mein kleiner Rundgang durch Tavannes hat sich zum Abschluss meiner Birs-Wanderung gelohnt.

Die Wanderweg-Zeitangaben sind heute realistisch gewesen: 3 Stunden 30 Minuten von Court nach Tavannes und danach noch eine Viertelstunde bis zur Birsquelle. Es ist schade, dass der ganze Weg mit Ausnahme der paar letzten Meter bis zur Quelle asphaltiert gewesen ist.

Links:
http://www.jurabernois.ch/fr/loisirs-actifs/a-pied/sentier-didactique-de-pierre-pertuis.6346.html
https://www.tavannes.ch/personnages-marquants/
https://www.tavannes.ch/video/
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